Viele fühlen sich als Verlierer
Diskussion über Armut und soziale Teilhabe in Bremen
Weser-Kurier 24.01.2017
Debattierten im Überseemuseum (von links): Ulrich Lilie (Diakonie), Cornelius Neumann-Redlin (Unternehmensverbände), Sozialsenatorin Anja Stahmann und Joachim Barloschky (Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen).
Bremen. „Ich bin raus aus dem System.“ So drückte es eine Bremerin aus, die zur Diskussion „Welches Land wollen wir sein? Armut in Bremen“ im Überseemuseum gekommen war. Zu der Veranstaltung am Montagabend hatten die Initiative Offene Gesellschaft und die Diakonie Bremen eingeladen. Die Bremerin erzählte, dass sie von einer schmalen Rente lebe und krank sei. „Ich kann mir die Fahrkarte für die Straßenbahn nicht leisten. Wenn ich ins Kino gehen will, muss ich ein halbes Jahr sparen, und eine freie Wohnung bekomme ich wegen meiner kleinen Rente sowieso nicht.“ Sie fühle sich abgestraft, sagte sie. Von ähnlichen Erfahrungen berichteten auch andere Diskussionsteilnehmer.
Manfred Meyer, Landesdiakoniepastor und Podiumsteilnehmer, wollte wissen, was es für eine Stadt wie Bremen bedeute, eine offene Gesellschaft zu sein. Häufig werde eine offene Gesellschaft infrage gestellt, und viele Menschen folgten „Rattenfängern“, weil sie ihr Vertrauen in die etablierte Politik verloren hätten. „Unsere Gesellschaft ist sich über ihre Werte nicht mehr ganz im Klaren“, sagte Meyer. Einerseits werde viel über Solidarität gesprochen und darüber, dass Güter gerecht verteilt werden müssten. Andererseits würden Wettbewerb und persönlicher Erfolg höher bewertet.